Vor 1000 Jahren
Das Leben am Hof von Kunigunde und Heinrich II. Sonderausstellung im Historisches Museum Bamberg anläßlich des 1000. Todestages von Kaiser Heinrich II.
Text: Silke Heimerl
Am 13. Juli 1024 starb Kaiser Heinrich II. Er war nicht nur ein politischer und militärischer Führer, sondern auch ein Förderer von Kunst, Kultur und Bildung. Unter seiner Herrschaft erlebte Bamberg eine Blütezeit, die bis heute spürbar ist. Sein Erbe ist in den historischen Gebäuden und Denkmälern der Stadt präsent und ebenso in ihrer reichen kulturellen Vielfalt. So ist der 1000. Todestag von Kaiser Heinrich II. eine Gelegenheit, dieses Erbe zu feiern und zu bewahren. Einer der Höhepunkte des Programms zu diesem Gedenkjahr ist die Ausstellung „Vor 1000 Jahren“, die noch bis zum 27. April 2025 im Historischen Museum Bamberg in der Alten Hofhaltung zu sehen ist.
Die Ausstellung lädt zu einer Zeitreise in das Jahr 1024 ein und bietet einen Einblick in die Herrschaft, die Kriegszüge und die Hofhaltung von Kaiserin Kunigunde und Kaiser Heinrich II., deren Wirken für Bamberg und darüber hinaus von großer Bedeutung gewesen ist. Daß sich deren Leben regelmäßig in Bamberg abspielte, verleiht den Ausstellungsräumen des Historischen Museums, in dem noch die Reste der Kaiserpfalz aus der Zeit Heinrichs erhalten sind, einen besonderen Stellenwert.
Die Erzählung der Ausstellung nimmt sowohl Kaiser Heinrich als auch Kaiserin Kunigunde als Mitregentin des Reiches zu Ausgangspunkten, sie handelt allerdings weniger von der Herrschafts- und Ereignisgeschichte als vielmehr vom alltäglichen Leben der Menschen und dem Funktionieren der Gemeinschaften. Einige Räume sind deshalb elementaren Grundbedingungen des Lebens wie Ernährung, Kleidung, Wohnen und Handel gewidmet. Wer lebte vor 1000 Jahren in Bamberg, und wie lebte man damals überhaupt? Welche Handlungsräume hatten Frauen in dieser Zeit?
Zudem gibt es über kaum eine Epoche so viele falsche Vorstellungen, wie über das Mittelalter: Haben die Menschen wirklich so selten gebadet? Verbrachten sie tatsächlich ihr ganzes Leben im selben Dorf? Die neuere Forschung hat den größten Teil der bekannten Klischees als Mythos entlarvt. Die Museen der Stadt Bamberg möchten mit ihrer Ausstellung dazu beitragen, ein historisch fundierteres Bild der Zeit um 1000 zu etablieren.
Viele Menschen im Reich waren während der Zeit Heinrichs II. von den Auswirkungen seiner Kriegszüge betroffen, die aus der Herrscherbiographie nicht wegzudenken sind. Exemplarisch zeigt die Ausstellung den Kampf Heinrichs gegen Bolesław von Polen. Mit dem slawischen Stamm der Liutizen, die zu ihrer heidnischen Religion zurückgekehrt waren, zog Heinrich in den Krieg gegen einen christlichen (und selbst slawischen) Herrscher, um ihn zu unterwerfen und ihm seinen Platz zuzuweisen. Die Vorstellungswelten des slawischen Bundes der Liutizen, die Bedingungen für die Teilnehmer am Kriegsgeschehen, die Auswirkungen auf die Menschen, die in den betroffenen Gebieten siedelten, und die Opfer dieser kriegerischen Handlungen werden besonders beleuchtet.
Zahlreiche fachkundig hergestellte Repliken von Originalobjekten ermöglichen es den Besucherinnen und Besuchern, historische Fragmente zu lesen und deren Gebrauch zu erleben und – in den meisten Fällen – auch haptisch begreifen zu können. Dabei sind solche Kopien oder Rekonstruktionen nicht als Notlösung oder zweitrangige Ausstellungsobjekte zu verstehen, sondern vielmehr als konstitutive Bestandteile der Schau. Sie treten in Dialog mit einer Fülle von originalen Objekten, die aus der Zeit des 10. bis 13. Jahrhunderts stammen. So bietet z. B. ein rekonstruiertes Grubenhaus das Nacherleben einer Wohnsituation. Die Vermittlung mithilfe digitaler Medien ist dabei ebenso wesentlich für die Erzählung wie die Objekte. So werden grundlegende Einführungen in die Kapitel der Ausstellung von Menschen auf lebensgroßen Monitoren erzählt, die die Perspektive der um 1000 Lebenden einnehmen, und an zwei Stellen auch die kuratorische Sicht wiedergeben. Zur digitalen Vermittlung gehört u.a. auch eine Medienstation über eine wichtige Quellensorte der Mittelalterforschung, die Urkunden.
„Das Mittelalter“ ist ein sehr vereinfachter Begriff für einen langen und vielschichtigen Zeitraum. Es umfaßt mit der Zeit von ca. 550 bis 1500 n. Chr. etwa 1000 Jahre. Da in dieser Zeit viele gesellschaftliche und technologische Veränderungen stattfinden, wird sie grob in Früh- (550 – 1050), Hoch- (1050 – 1250) und Spätmittelalter (1250 – 1500) unterteilt. Diese Einteilung hauptsächlich für den christlich-europäischen Raum. Und auch hier finden sich zahlreiche Unterschiede, je nach Betrachtungsraum.
Heinrich II. lebte um 1000, also am Ende des Frühmittelalters, im Reich, dem Herrschaftsgebiet des „deutschen“ Königs oder Kaisers. Dieses Gebiet umfaßt ungefähr das heutige Deutschland, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Norditalien, Südostfrankreich, die Schweiz, Österreich, Tschechien und Slowenien.
Vor 1000 Jahren, am 13. Juli 1024, verstarb Kaiser Heinrich II. auf seiner Reise durch das Reich, nachdem er wenige Monate zuvor sein letztes Weihnachtsfest und einige von Krankheit geprägte Wochen in Bamberg verbracht hatte. Mit seinem Tod wurde die Memoria für Heinrich II. – König und Kaiser, Bistumsgründer und später auch Heiliger – in Gang gesetzt. Mit kirchlichen Stiftungen, Gebetsverbrüderungen und anderen Maßnahmen legten er und seine Gemahlin Kunigunde selbst den Grundstein dafür. Mit der Heiligsprechung Heinrichs 1146 und ein halbes Jahrhundert später auch der Kanonisation Kunigundes erhielt das Gedenken eine neue religiöse Dimension. Kunigunde und Heinrich sind damit nicht nur offiziell vom Papsttum eingesetzte Vorbilder für das religiöse Leben der Menschen, sondern ihre Verehrung und ganz besonders der Kontakt zu ihren Reliquien ermöglicht auch die Teilhabe an heilsversprechenden Wirkungen. Als ein Ort der Heiligenverehrung wird Bamberg dadurch bereits im Mittelalter zu einem der besonders wichtigen Gedenkorte für Kunigunde und Heinrich II. Die fränkische Stadt ist heute Ziel von Menschen aus aller Welt, die aus unterschiedlichen Motivationen und Interessen hierherkommen. Viele von ihnen suchen die Gedenkorte an Heinrich und Kunigunde wie den Dom, den Michaelsberg, die Kirche St. Stephan oder das Historische Museum in der Alten Hofhaltung auf oder kommen, sei es geplant oder eher zufällig, anderweitig mit der Geschichte des Kaiserpaares in Berührung. Bambergs kulturelles Gedächtnis wird so bis heute auch von den Überlieferungen und vor allem den Deutungen des Lebens und Wirkens des Kaiserpaares mitgeprägt.