Ausgabe Juli / August 2022 | Blende 8

Marilynoid

Text + Fotos: Wolf-Dietrich Weissbach

Das Gerücht hält sich hartnäckig – sehr zur Freude des Museumsleiters des Knauf-Museums in Iphofen, Markus Mergenthaler: Jede Frau, die mindestens fünf Mal die gegenwärtige (bis 6. November 2022) Sonderausstellung „Marilyn – die Frau hinter der Ikone“ besucht, verwandelt sich ohne besonderes Zutun, by her own, in eine Marilyn zumindest sehr ähnliche Traumfrau. Gut, bei der einen geht dies schneller (wie bei Suzi Kennedy – hier neben Mergenthaler), bei der anderen dauert es länger. Es läßt sich aber, wie seit Kim Kardashians Auftritt in dem legendären Kleid der Monroe anläßlich der Met Gala 2022 bekannt, nicht erzwingen. Das Phänomen wird in der Filmwelt neuerdings sogar antidiskriminierend als „marilynoide Rezeption“ bezeichnet. Bislang dachte man, es würde Vergleichbares nur bei einschlägigen Blockbustern auftreten und wie vieles Männliche nur von kurzer Dauer sein. Es wurde eben fast nur bei Männern beobachtet, die gerade einen John Wayne oder gar Sylvester Stallone gesehen hatten und deshalb kraftstrotzend (ein Muskel stört den anderen) das Kino verließen.

Neuere Untersuchungen haben nun ergeben, daß Frauen für solche Metamorphosen sogar viel anfälliger sind (sie laufen natürlich nicht wie John Wayne) und sie bei ihnen vor allem oft von Dauer ist. Vermutlich liegt dies daran, daß Marilyn wie einst Helena die Idealfrau schlechthin ist (nicht nur für Männer), während es auf der anderen Seite den Idealmann eben nicht gibt. Weder Männer noch Frauen können sich auf ein Ideal von Mann einigen. Eher groß oder klein, langhaarig, bärtig oder kahl, alkoholschwanger (wie das in Oberfranken heißt) oder eher hagersüchtig, brutal (putinesk) oder verzärtelt, sportlich-muskulös oder doch lieber intelligent? Gut, reden wir nicht weiter darum herum: Es geht allein darum, was der Rockbarde Stephen Stills schon 1970 ganz pragmatisch geklärt hat: „… And if you can‘t be with the one you love, honey, love the one you‘re with …“ Heute verstehen wir dies gendergerecht. Frei übersetzt: Wenn Du die, für die Du schwärmst, nicht kriegen kannst, dann liebe die, die Du hast.

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