Ausgabe Januar / Februar / März 2022 | Politik & Gesellschaft

Langstreckenläuferin

Ihr Herz schlage für Bamberg – egal, ob sie gerade in München oder in Brüssel arbeite, so das leidenschaftliche Bekenntnis der Landtagsabgeordneten für Bamberg und bayerischen Ministerin für Europaangelegenheiten, Melanie Huml.

Text: C. B. | Fotos: Wolf-Dietrich Weissbach
Melanie Huml
Melanie Huml, 1975 in Bamberg geboren und ausgebildete Ärztin, ist seit 2003 Mitglied des Bayerischen Landtags. Ab 2007 gehörte sie als Staatssekretärin der Bayerischen Staatsregierung an, zunächst im Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen; von 2008 bis 2013 im Ministerium für Umwelt und Gesundheit. Ab Oktober 2013 war sie Staatsministerin für Gesundheit und Pflege. Im Januar 2021 wurde Melanie Huml zur Staatsministerin für Europaangelegenheiten und Internationales ernannt.

„Bamberg ist meine Heimatstadt – und ganz egal, ob ich nun in Bamberg vor Ort, in Brüssel oder in München bin, mein Herz schlägt immer für Bamberg“, sagt Melanie Huml. Die bayerische Ministerin für Europaangelegenheiten hatte zu einem Pressegespräch in die Domstadt gebeten. Ein Resümee über ihr erstes Amtsjahr sollte es werden. Eigentlich. Dafür, daß ihr Engagement im europäischen Parlament auch für Oberfranken und insbesondere für Bamberg von Belang sei, führt sie ein schlagkräftiges Argument an: den „European Green Deal“. Zur Erinnerung: Die Europäische Kommission hat mit dem „European Green Deal“ die Themen Klimaschutz, Ökologie und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihrer politischen Agenda gerückt. Der ambitionierte Plan zielt vor allem auf eine grundlegende Umgestaltung von Industrie, Energieversorgung, Landwirtschaft, Verkehr und Gesellschaft in den 27 EU-Mitgliedsstaaten ab. So soll Europa bis zum Jahr 2050 als erster Kontinent klimaneutral werden. Um den „European Green Deal“ langfristig zu verankern, ist ein ganzheitlicher politischer Ansatz gefragt: von der Handelspolitik über die digitale Agenda, Forschung und Innovation, Wirtschafts- und Investitionspolitik bis hin zu einer Industriestrategie für eine „saubere und kreislauforientierte Wirtschaft“. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft soll vor allem durch einen Vorsprung bei „grünen“ Technologien gestärkt werden. Die deutsche Industrie sieht, laut BDI, mit dem EU Green Deal Chancen für den heimischen Standort. Und Melanie Huml sieht große Chancen für Bamberg. Denn nicht zuletzt für die ansässige Automobilzulieferindustrie (u.a. Brose und Bosch) seien diese Zukunftsthemen von großer Bedeutung, so die Ministerin.

Und überhaupt, die Zukunft: Bamberg dürfe den Anschluß nicht verlieren, müsse sich fit für künftige Aufgaben machen. Denn gerade die Verbindung von Geschichte mit modernem Lebensgefühl und Urbanität mache Bamberg doch zu einem wahren Sehnsuchtsort, zu einem „Place to be“, zu einem Ort, an dem man halt einfach „daheim sein“ wolle. Es gelte, dafür die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Strukturen, Städtebau, Arbeitsplätze… all das müsse man im Blick behalten, so die Ministerin.

Huml gerät über ihre Heimatstadt ins Schwärmen. Aus der einstigen Rolle, in der man sie etwas unsicher neben ihrem forschen Landesvater erinnert, hat sie sich – vor allem persönlich – wohltuend weiterentwickelt. Ein „Pokerface“ hat sie sich – das spricht für sie – wie manche ihrer Kollegen immer noch nicht zugelegt, aber sie wirkt deutlich souveräner und scheint sich wohler zu fühlen.

Dann berichtet sie zwar nicht so viel über ihr europäisches Engagement (denn da geht es ja im Kern auch oft um Bamberg), sondern über ihr direktes Engagement für und im „bayerischen Venedig“. In einem zehnseitigen Handout beschreibt sie Projekte, die die schöne Domstadt in die Zukunft führen sollen wie die Stärkung der Gartenstadt Bamberg, einem Teil des UNESCOWeltkulturerbes, durch die Errichtung eines „Grünen Zentrums“ für Forschung und Wissenstransfer rund um ökologischen Landbau, urbanen Gartenbau und Artenvielfalt. Den Aufbau von Arbeitsplätzen u. a. mit dem Cleantech Innovation Park in Hallstadt, dem Digitalen Gründerzentrum, dem Medical Valley Center, dem Berufsbildungs- und Technologiezentrum. Sie spricht vom Ausbau des Wissenschaftsstandorts Bamberg, mit der Universität und dem Umbau des ehemaligen Hallenbads am Margaretendamm zum Uni-Sportzentrum. Es geht ihr um die Gesundheitsversorgung, den Ausbau und die Modernisierung des Klinikums und des Kinder- und Jugendhospizes, des ICE-Netzes und des S-Bahn-Haltepunktes „Bamberg-Süd“ und es geht ihr um den Polizei-Standort. Schließlich sei der Sicherheitsaspekt insbesondere für Familien entscheidend und viele zöge es genau deshalb in die Domstadt, weil diese als besonders sicher gelte, so die Ministerin. Und auch die Sicherung des Justiz-Standortes Bamberg steht auf ihrer Agenda. Beim unbequemen und umstrittenen Thema „Ankerzentrum“ positioniert sie sich eindeutig: „Die Anker-Einrichtung in Bamberg darf nicht gegen den Willen der Stadt Bamberg über das vereinbarte Ende im Jahr 2025 hinaus weiterbetrieben werden.“ Manche dieser aufgezählten Projekte habe sie schon vor vielen Jahren selbst initiiert, unterstreicht Huml und fügt dann, ganz nebenbei, an, sie sei eben eine Langstreckenläuferin.

„Bamberg muß wieder die Lokomotive in Oberfranken werden!“, so ihr leidenschaftliches Schlußplädoyer. Auf ihren Reisen durch andere attraktive Städte in Europa sammle sie Ideen, die ihre Heimatstadt voranbringen sollen.

Während sich der ehemalige VorzeigeClub „Brose Baskets“ mit einem traurigen Tabellenplatz 11 bescheiden muß und sich die angeschlagenen Verantwortlichen der Stadt Bamberg mit einer peinlichen BoniAffäre und mutmaßlicher Untreue um sich selbst drehen und für schlechte Publicity sorgen, wuppt sich Melanie Huml für den Chefposten im Rathaus in die Pole-Position. Ihr Resümee über ihr erstes Amtsjahr als Europaministerin gerät ihr jedenfalls zu einer veritablen „Kick-off-Veranstaltung“ für den in wenigen Jahren anstehenden Wahlkampf. Chancen hätte sie in ihrer Heimatstadt allemal. Die Spitzenpolitikerin erfreut sich hier großer Beliebtheit. Die Süddeutsche Zeitung hat ihr hierfür augenzwinkernd, aber durchaus treffend, den Titel „Melanie der Herzen“ zugeschrieben.

Doch die will im Pressegespräch ihrem Herzen so gar keinen Ruck geben und eingestehen, daß sie sich zumindest gedanklich schon im Rathaus hübsch einrichtet. „Für mich stellt sich im Moment diese Frage nicht und an Spekulationen möchte ich mich nicht beteiligen“, unterstreicht sie nahezu mantraartig, bis man es ihr wirklich nicht mehr glauben mag. 2023 stünden erstmal Landtagswahlen an, bei denen sie gerne wieder antreten würde. Und die Kommunalwahlen finden in Bamberg erst 2026 statt. Aber wie Melanie Huml schon sagte: Sie ist ja eine Langstreckenläuferin …

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