Ausgabe Mai / Juni 2024 | Essen & Trinken

Kulinarische Unkrautbekämpfung

Margit Balling – Köchin, Hauswirtschafterin, Kräuterführerin und die baurische Küche

Text + Fotos: Benedikt Feser und Margit Balling
Von links nach rechts Brennessel, Löwenzahn, Gundermann, Spitzwegerich, Vogelmiere, Taubnessel, Schafgarbe, Gänseblümchen und Giersch
Von links nach rechts Brennessel, Löwenzahn, Gundermann, Spitzwegerich, Vogelmiere, Taubnessel, Schafgarbe, Gänseblümchen und Giersch

Margit Balling bei der Bärlauchernte am Bücholder Koogsee. Im schattigen Laubwald auf nährstoffreichem, tiefgründigen Boden – ein Standort wie ihn dieses Wildkraut liebt.
Margit Balling bei der Bärlauchernte am Bücholder Koogsee. Im schattigen Laubwald auf nährstoffreichem, tiefgründigen Boden – ein Standort wie ihn dieses Wildkraut liebt.

Baurisch. Dies ist im unterfränkischen Werntal ein kleines Beiwort, das doch eine ganze Lebenswelt in sich birgt. „Dia worn mehr schtäddisch agezouche, mir mehr baurisch!“ hört man die alten Werntaler sagen, wenn sie den Unterschied im Kleidungsstil von Dörflern und Städtern klassifizieren sollten. Ob baurische Kleidung, baurische Sprache oder baurische Küche, wahr ist, daß mit den sich angleichenden Lebensverhältnissen zwischen Stadt und Land, auch der Kern des „Baurischen“ aufweicht. Nun wäre es müßig, darüber zu ­diskutieren, wieviel Veränderung dem Lebensraum Land guttut. Verändern wird er sich ohnehin, ist doch die Veränderung das Markenzeichen der dahinfließenden Zeit. Dennoch ist in einer Welt von Schneller, Höher, Weiter, von Globalisierung und Standardisierung irgendwann ein Punkt erreicht, an dem sich manch einer dabei ertappt, sein Glück im Einfachen, im Unetikettierten, in der Langsamkeit zu suchen. Wobei wir wieder ganz schnell beim „Baurischen“, der sich, oft aus der Not heraus, selbstver­sorgenden Landbevölkerung, angelangt sind.

Der Unterfränkische Dialektverein bemüht sich seit mittlerweile zehn Jahren, altes Dorfwissen nicht verschüttgehen zu lassen. Im festen Glauben, daß sich viele aktuelle und brennende Fragen unserer Zeit mit dem tradiertem Wissen der Alten leichter lösen lassen. Margit Balling trägt mit ihren Rezepten einen gewichtigen Teil zu dieser Sammlungsarbeit bei. Wie man mit einfachen Zutaten oder mit übriggebliebenen Lebensmitteln leckere Gerichte zubereitet. Wie man alte Gemüsesorten, Wildfrüchte und Wildkräuter, die in unserer Flur reichlich vorkommen, verarbeitet. Ihre Leidenschaft ist das Kochen von und mit dem, was die Natur uns gleichsam frei Haus liefert.

Wildkräutersuppe

Zu keiner anderen Jahreszeit gibt es so viele junge, schmackhafte Wildkräuter wie im Frühjahr. Man kann sie als lästiges Unkraut sehen, oder sie ernten und daraus leckere Gerichte zubereiten. In früheren Zeiten haben die Menschen sehr viel wildes Gemüse und wilde Kräuter gesammelt und verwendet. Beim Stöbern in alten Rezeptbüchern tritt so manche Kochtradition zutage, die heute als „regional & saisonal“ in aller Munde ist: “… als Gemüse in spinatähnlicher Zubereitung sind die jungen Blätter der Brennnessel im Frühjahr ausgezeichnet. Ebenso ergeben die jungen Blätter des als Unkraut überall gemeinen Löwenzahn im Frühjahr, ehe die Blütenknospen dick anschwellen, wie Salatgemüse zubereitet, ebenfalls ein ganz vorzügliches, feines Gemüse.“ Auch aus gesundheitlichen Aspekten ist es interessant, sich den “Wilden“ zu widmen. Sie enthalten durchschnittlich doppelt bis viermal so viele Mineralstoffe wie unsere Kulturgemüse. Löwenzahn weist mit 115mg Vitamin C pro 100g eßbaren Anteils etwa zehnmal so viel Nährstoff auf wie Kopfsalat. Besonders nährstoffreich ist mit über 300mg pro 100g die Brennnessel. Um die vielen Vorzüge der heimischen Kräuterwelt auch für unseren Speiseplan zu nutzen, folgt ein leckeres Rezept, bei dem man die verschiedenen Gewächse zu einer gesunden und schmackhaften Wildkräutersuppe verkocht.

Wildkräutersuppe mit Brennessel, Giersch, Löwenzahn, Schafgarbe, Vogelmiere, Gundermann, Spitzwegerich und Taubnessel
1 Zwiebel in Würfel geschnitten in etwas Rapsöl andünsten, 4 – 5 mittelgroße Kartoffeln ebenfalls in Würfel, dazugeben. Mit 1,5 Liter Gemüsebrühe auffüllen und 15 Minuten köcheln lassen. Insgesamt 5 Handvoll Kräuter ( Brennessel, Giersch, Löwenzahn, Schafgarbe, Vogelmiere, Gundermann, Spitzwegerich und Taubnessel) grob gehackt zur Suppe geben und pürieren. Mit Salz, Pfeffer, Muskat und etwas Zitrone abschmecken und mit Schmand verfeinern. Mit Blüten von Gänseblümchen, Löwenzahn und Gundermann dekorieren.

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