Ausgabe Januar / Februar 2025 | Essen & Trinken

Ein Ort für Feinschmecker und für fröhliche Zecher

Der „Bären“ in Randersacker setzt auf Familien­tradition und ­gehobene Küche

Text: Markus Mauritz | Fotos: Wolf-Dietrich Weissbach
... gut bürgerlich in jeder Hinsicht.
… gut bürgerlich in jeder Hinsicht.

Einst haben die Kerls  … Nein, nicht auf den Bäumen gehockt, wie es in dem Gedicht Erich Kästners über die Entwicklung der Menschheit heißt. Sie saßen vielmehr ums Feuer, tranken spontanvergorenen Wein, aßen unvernünftig viel Fleisch (sofern sie welches erbeutet hatten) und erzählten sich Geschichten. Zugegeben, seit „einst“ hat sich die Gastronomie in jeder Hinsicht gewandelt, und die Ansprüche der Gäste haben deutlich zugelegt. Aber mehr denn je schätzen wir es heute, nach einer stressigen Arbeitswoche oder einem ermüdenden Spaziergang in einem gemütlichen Gasthof einzukehren, zu schöppeln, lecker zu essen und unsere Gedanken auszutauschen. Manches bleibt eben, wie es „einst“ schon immer war.

Ein Ort, an dem Feinschmekker und fröhliche Zecher gleichermaßen auf ihre Kosten kommen, ist seit alters her der „Bären“ in Randers­acker, drei Kilometer von Würzburg entfernt. Der wuchtige Bau mit Walmdach und Fensterläden aus Spessarteiche ist eines jener Häuser, von denen man sich wünscht, daß Steine reden könnten. Schon im späten Mittelalter gab es hier eine „Schenckstatt“. Seit 1886 befindet sich der „Bären“ in Familienbesitz. Der heutige Junior-Chef, Maximilian Morhard, leitet den Gasthof mit Hotel in sech­ster Generation.

Seniorchef Stefan Morhard
Seniorchef Stefan Morhard

Früher besaß der „Bären“ auch eigene Weinberge, die Senior-Chef Stefan Morhard allerdings 1985 verkaufte, um sich ganz dem gastro­nomischen Kerngeschäft widmen zu können. In seinem Weinkeller lagern aber noch immer feinste Tropfen: Silvaner, Scheurebe, Weißburgunder, Müller-Thurgau, Riesling. Spätburgunder oder Domina – meist von Winzern aus Randers­acker, denn die hiesigen Muschelkalk-Lagen gehören zum Besten, was sich Weinliebhaber vorstellen können. Önologisch spielt Ran­dersacker zweifellos in der fränkischen Oberliga. Fremdenverkehrstechnisch auch! Nach dem Bau einer Chaussee mainaufwärts nach Randersacker 1817 kamen viele Würzburger zu Fuß, um in einer der Wirtsgärten oder Schankstuben Einkehr zu halten – oder, wie damals ein Zeitgenosse bissig formulierte, um „aus Vergnügungssucht“ in den vielen Wirtshäusern ihr Geld zu lassen. Ein beliebtes Ausflugsziel ist Randersacker bis heute geblieben, und seit eine Umgehungsstraße aus dem Jahr 2002 den Verkehr um den Ort herumführt, befindet sich der „Bären“ in einer traumhaft ruhigen Lage.

Die kulinarischen Vorzüge des „Bären“ wußten freilich auch zahlreiche Promis zu schätzen. 1957 ließen es sich Marianne Koch und Heinz Rühmann während ihrer Dreharbeiten für den Film „Vater sein dagegen sehr“ im „Bären“ schmecken. Aber auch Politiker wie Otto von Habsburg oder Agrarminister Ignaz Kiechle stiegen hier ab. Und der Münchner Kabarettist Dieter Hildebrand bescheinigte dem „Bären“ 1996 ein „wunderschönes Rasthaus“ zu sein.

Wer könnte sich dem Charme einer fränkischen Weinstube auch entziehen? Im „Bären“ verbindet sich historische Bausubstanz mit zeitgemäßem Interieur. Ein Holzofen verbreitet angenehme Wärme. An den Wänden hängen alte Schwarz-Weiß-Fotos. Ein geschnitzter Häcker blickt in die Gaststube. Hüfthoch verkleidet dunkles Holz die Wände. Aus Richtung Küche hört man das Klappern von Geschirr. Und Senior-Chef Stefan Morhard, Speisekarte unterm Arm und die Schürze fest umgebunden, hat das ganze Szenario stets im Blick.

Aber nicht nur die Innenarchitektur ist eine Melange aus Tradition und Moderne. Auf der Speisekarte finden sich fränkische Klassiker wie Blaue Zipfel im Wurzelsud oder gekochter Kalbstafelspitz mit Meerrettichsoße, Wirsinggemüse, Dampfkartoffeln und Preiselbeeren. Wem danach ist, bestellt geschmorte Rinderbäckchen mit Rotweinsoße, Vanille-Karotten und Petersilienwurzelpüree oder rosa gebratenen Feldhasenrücken mit Rosenkohl und Kartoffelplätzchen sowie Forellen nach Müllerinnenart oder aus dem Blausud. Die Fische kommen ganz frisch aus dem Bassin hinterm Haus. Selbst Waller gibt es, aber nur nach Vorbestellung.

Bei aller Leidenschaft für die heimische Küche läßt sich ein formidables „Bären“-Menü auch mit einem „affogato al caffe“ – einem in Espresso ertrunkenen Vanilleeis – beenden. Oder mit drei Stück Käse vom Erlanger Käseveredler Volker Waltmann; der firmiert auf der Speisekarte freilich als Maitre Affineur. Schließlich gibt es in Deutschland nur fünf solche Meister.

... frisch aus dem hauseigenen Bassin: Forelle in Blausud.
… frisch aus dem hauseigenen Bassin: Forelle in Blausud.

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