Ausgabe November / Dezember 2024 | Archiv

Scharraglöas und Dömpfkraut

Unbekanntes wurde zum Gaumenschmaus

Text: Rosemarie Feser (geb. Prziklang) | Fotos: Benedikt Feser

Wer Rosemarie Feser beim Kochen zusehen darf, weiß, das kann nur gut schmecken … und es schmeckt auch ohne Fleisch.
Wer Rosemarie Feser beim Kochen zusehen darf, weiß, das kann nur gut schmecken … und es schmeckt auch ohne Fleisch.

Damals als Kind aus Oberschlesien in Unterfranken gelandet, waren die Eßgewohnheiten der Einheimischen für mich mehr als ungewöhnlich. Obwohl wir nach dem Krieg ganz wenig Mittel zur Verfügung hatten, zauberte die Mutter an Feiertagen einen saftigen Schweinebraten, gespickt mit ganz viel Knoblauch und einem Bratensaft sooo gut, der sich dann glänzend über die polnischen Klöße schmiegte und uns dazu veranlaßte, die Teller abzuschlecken, daß auch ja kein Tropfen und kein Krümel verkam. Nudeln kannten wir nur in Suppen oder in süßen Varianten. Mit Zimtzucker, Mohnbutter und Kompott. Mutter erzählte uns auch von Krautwürsten. Die gab es hier aber nicht.

Apropos Kraut, beziehungsweise Kohl. Den bekommt man ja in Franken in allen möglichen Formen und Farben. Auch die Verwendung und Zubereitung ist vielfältig. Ich denke da an das Sauerkraut. Mit Bratwurst, fast schon ein Nationalgericht, bald in jeder Gaststätte erhältlich. Dagegen sucht man die Bluadsoß mit Kraut und Stichli vergebens. Das gab es immer als Abendessen nach einer Hausschlachtung. Stichli waren Rippfleischteile von der Stelle, wo das Schwein den ­Todesstoß erhielt. Diese wurden in Sauerkraut gegart und mit brauner Einbrennsoße (die mit einer halben Tasse Blut verfeinert wurde) und Salzkartoffeln gereicht. Mir zuliebe, als Reigschmeckte, hat man das Blut weggelassen.

Aber auch Dömpfkraut und Scharraglöas findet man heute auf keiner Karte mehr, obwohl es in der Vergangenheit als ganz einfaches, fleischloses Gericht viele Bauerngenerationen satt, glücklich und zufrieden gemacht hat.

Der Unterfränkische Dialektverein sammelt und archiviert. Neben dem fränkischen Wortschatz und den Geschichten hinter den Worten hat der Verein ein großes Filmarchiv mit Zeitzeugen der ländlichen Lebenswelt, aber auch mit Stimmen aus der Wissenschaft angelegt, die mit ihrem Fachwissen da anknüpfen, wo das Dorfwissen endet. Hier sind bereits einige spannende Projekte entstanden. Weitere Infos unter www.unterfränkisch.de

Scharraglöas für sechs Personen

1300 Gramm Kartoffeln kochen. Geschält durchpressen und erkalten lassen. 4 Eier, 2 Teelöffel Salz, 1/2 Tasse Mehl, 3 Eßlöffel Kartoffelmehl und 3 Eßlöffel Hartweizengrieß mit der Hand vermischen. Der Teig soll nicht kleben – evtl. noch etwas Mehl hinzugeben. Aus der Masse sofort kleine Klöße formen und in kochendes Salzwasser geben. Sobald sie an der Oberfläche schwimmen, noch 20 Minuten auf kleiner Flamme ziehen lassen. Im heißen Butterschmalz anschließend goldbraun anbacken. Die namensgebende Scharre entspricht der hochdeutschen Kruste, die beim scharfen Anbacken an den Klößen entsteht. In den bäuerlichen Haushalten wurde satt Butterschmalz meist Schweinefett verwendet, das bei den Hausschlachtungen in nicht geringer Menge anfiel.

Dömpfkraut (gedämpfter Weißkohl)

1 Kopf Weißkraut von den äußeren Blättern befreien. Halbieren und in dünne Streifen hobeln oder schneiden. Gut waschen und abtropfen lassen. 60 Gramm Butterschmalz oder Rauchfleischwürfel, eine gehackte Zwiebel und das Kraut in einem passenden Gefäß andünsten. Unter Zugabe eines 1/4 Liter Brühe fertig garen. Salz, Kümmel und Pfeffer eignen sich zum Abschmecken.

Wer Rosemarie Feser beim Kochen zusehen darf, weiß, das kann nur gut schmecken … und es schmeckt auch ohne Fleisch.
Wer Rosemarie Feser beim Kochen zusehen darf, weiß, das kann nur gut schmecken … und es schmeckt auch ohne Fleisch.
Wer Rosemarie Feser beim Kochen zusehen darf, weiß, das kann nur gut schmecken … und es schmeckt auch ohne Fleisch.

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